18. Juli 2018 I Text & Interview Laura Pausewang I Fotos LPJ Studios I Shop reim Wohndesign
„Eine Veränderung der Industrie findet statt,“ weiß Nora Bernitt vom Chiemgauer Upcycling-Unternehmen LPJ. Zu LPJ gehört neben dem Design-Studio auch LPJ Fine Arts, das in Zusammenarbeit mit renommierten Modeschulen künstlerische High Upcycling Fashion Unikate realisiert. Im Interview spricht Nora über die Veränderung der Modeindustrie und das Konzept, das LPJ verfolgt.
„Mode wird immer als Mittel der Erneuerung, des Ausdrucks, der Kommunikation und sogar des Schutzes überleben… Wir müssen jedoch das gesamte System überarbeiten: von der Ausbildung über die Materialisierung bis hin zur Herstellung und zum Einzelhandel.“ Im „The Fashion System Is Obsolete” Manifesto spricht Trendforschungslegende Li Edelkoort über die aktuelle Beschaffenheit der Modeindustrie.
Bereits vor vier Jahren, als die Tendenz zu mehr Nachhaltigkeit und einem bewussteren Leben in den Köpfen der Menschen schwirrte, wurde LPJ Fine Arts von Hedwig Bouley ins Leben gerufen. Mit ihrem Team ist sie seither dabei, Modeunternehmen und Modeschulen beratend zur Seite zu stehen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit und Upcylcing geht. In Zusammenarbeit mit den renommiertesten Modeschulen wie mit Polimoda, AMD, HTW und Esmod, werden etwa drei bis vier Mal pro Jahr die Studenten vor die Herausforderung gestellt, aus Material-Restbeständen neue Kleidungsstücke zu entwerfen. Es handelt sich bei den Materialien zwar um Restwaren, dennoch sind die von den Unternehmen abgetretenen Wollgarne, Cashmere, Leinen, Baumwolle und Meterwaren aus feinster Qualität. Außerdem fördert LPJ Fine Arts den kreativen Nachwuchs, indem sie diese mit der Industrie verknüpfen.
Zeitgleich zu LPJ Fine Arts wurde das Label LPJ Studios gegründet. Unter dem Aspekt des Upcyclings, werden die erworbenen Materialrestbestände der Modeunternehmen zu hochwertigen Interior-Objekten gefertigt. Diese Stücke sind bei verschiedenen Einzelhändlern und im Online-Shop erhältlich.
Upcylcing und Recycling sind ohne Zweifel die wichtigsten Themen der Modeindustrie. So ist es nicht verwunderlich, dass auch Modeketten wie Zara und H&M vermehrt an Kollektionen arbeiten, die aus recycelten PET-Flaschen oder Bio-Baumwolle hergestellt werden. Ob nun alles so wirklich komplett nachhaltig ist, steht dabei nach wie vor im Raum. Nora vom LPJ Team erkennt jedoch jene Tendenz: „Die Industrie merkt, dass sich etwas verändern muss. Einige unserer Lieferanten haben eine nachhaltige Linie in ihren Kollektionen. Der Wandel findet statt. Die Frage ist nur, ob es sich dabei um einen Trend oder eine langfristige Veränderung handelt.“
LPJ sieht die Entwicklung der Industrie positiv. „Früher mussten wir die Unternehmen anrufen, mittlerweile kommen diese auf uns zu. Auch die Modestudenten finden das Konzept super, denn es ist viel schwieriger aus Restbeständen etwas Neues zu kreieren. Dabei müssen sie sich genau in die Materie einarbeiten und die Gegebenheiten der Stoffe verstehen.“
Nora rät Konsumenten, sich mit Material, Herkunft und Fertigung der auseinanderzusetzen. Denn Veränderung entsteht durch kollektives Handeln. „Jeder einzelne von uns kann etwas bewirken. Die Verantwortung liegt bei uns, den Unternehmen und der Politik gleichermaßen. Wir müssen weniger konsumieren und dafür besser. Mit LPJ sind wir mit diesem Ansatz ganz vorne mit dabei.“
In Zukunft ist das Unternehmen aus dem Chiemgau dabei, ein noch größeres Netzwerk aufzubauen und die Botschaft auch in anderen Industrien voran zu bringen. Neuester Coup ist eine BMW Mini Kooperation ab Herbst. Im Januar 2019 folgt dann ein sechsseitiger Bericht über LPJ in deren Journal. „Wir sind daran interessiert uns mit anderen zusammenzutun und zu teilen. Es ist genug für uns alle da!“ Das Konzept von LPJ ist ein Paradebeispiel. Dem würde sicherlich auch Li Edelkoort zustimmen.
Die Plaids, Kissen und Teppiche von LPJ Studios sind ab Mitte des Jahres bei reim Wohndesign in Nürnberg erhältlich. Alle Produkte sind auch über LPG Studios direkt bestellbar.